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Nachfahren der jüdischen Familie Mayer aus Montevideo in Oberwesel

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Zu Gast in Oberwesel auf der Suche nach den Vorfahren: Florencia Mayer West und Juan A. Collazo aus Montevideo zwischen Franziskus Weinert, Maximilian Jäckel, Jutta Karbach, Walter Karbach und Doris Spormann im Garten der Historischen Weinwirtschaft. Foto: Natalia Niño

Vom Rio de la Plata an den Rhein: Florencia Mayer West und ihr Mann Juan A. Collazo hatten eine lange Reise hinter sich, als sie am Sonntag, dem 14. Mai 2023, in Oberwesel ankamen. Der Lokalhistoriker Walter Karbach hatte nach Recherchen zur Geschichte der jüdischen Familie Mayer Kontakt zu den Nachfahren in Uruguay aufgenommen. Florencia Mayer West war überrascht zu hören, dass ihre Vorfahren aus Oberwesel stammen und Weinhändler waren.

 

Beim gemeinsamen Mittagessen in der Historischen Weinwirtschaft begrüßte der Erste Beigeordnete Maximilian Jäckel die Gäste mit Oberweseler Wein. Mit dabei waren der Ratsherr Franziskus Weinert, seine Frau Natalia Niño und Doris Spormann, die mit Walter Karbach an einem Buch über die Oberweseler Juden arbeitet. Die sprachliche Brücke zwischen den Kontinenten schlug Natalia Niño. Sie stellte ihre Fähigkeiten als Übersetzerin in den Dienst der Verständigung, indem sie Dokumente, Fakten und Informationen ins Spanische und Deutsche übertrug. So ermöglichte sie es Florencia Mayer West und ihrem Mann, die verwickelte und faszinierende Geschichte ihrer Vorfahren zu erfassen. Ihr Beitrag war entscheidend für die Vertiefung der historischen Verbindung und die Stärkung der kulturellen Brücke zwischen den Nachfahren der Familie Mayer und der Stadt Oberwesel.

 

Anschließend konnte Maximilian Jäckel den Besuchern das einstige Haus der Familie Mayer in der Liebfrauenstraße 50 auch von innen zeigen, es ist heute im Besitz seiner Familie. Hier lebten einst die Brüder Eduard (1844-1915) und Adolph Mayer (1848-1906), der Ur-Urgroßvater Florencia Mayers. Während Adolph (Foto) sich in Berlin als Weingroßhändler niederließ, übergab Eduard das Geschäft in Oberwesel seinen Söhnen Moritz und Leo. Beide wurden, ebenso wie ihre Schwester Jenny und Leos Frau Ida, 1942 von den Nazis deportiert und ermordet. Ihr Hab und Gut wurde an Ort und Stelle versteigert. Bis zuletzt hatte der Elektromeister Karl Jäckel ihnen heimlich sein Telefon zur Verfügung gestellt, nachdem die Nazis den Juden den Anschluss gesperrt hatten. Er erwarb das Mayersche Haus 1956. Stolpersteine erinnern an die einstigen Besitzer.

 

Einer der Söhne Adolph Mayers ist der in Berlin geborene Jurist und Schriftsteller Dr. Karl Leopold Mayer (1880-1965), Florencias Urgroßvater. Bis die Nazis ihm die berufliche Existenz nahmen, war er Vizeregierungspräsident in Potsdam. Er floh mit seiner Frau Charlotte nach Montevideo, ihr Sohn Helmut (1905-1978) war vorausgefahren, wurde Kaufmann und gründete eine Familie. Helmuts Sohn, der Arzt Miguel Mayer, ist Florencias Vater. Anders als geplant konnte der 81-Jährige nicht mit nach Oberwesel kommen. Am Sonntagabend berichtete ihm seine Tochter Florencia per Telefon, dass sie nach jüdischem Brauch einen kleinen Stein auf das verwitterte Grabmal von Leopold Mayer (1796-1880) gelegt hat, er ist Florencias Ur-Ur-Urgroßvater, bestattet auf dem Friedhof an der Grauen Lay, wo auch weitere Familienmitglieder ruhen.

 

Adolph Mayer

Der aus Oberwesel stammende Berliner Weingroßhändler, Adolph Mayer (1848-1906). Foto: Florencia Mayer West

 

Text: Walter Karbach

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